Bis zu 20.000 neue Wohnungen werden heuer in Wien fertiggestellt. Gefragt ist Wohnraum in Simmering, Liesing und Donaustadt.
Der Wiener Wohnungsmarkt wird derzeit vor allem von drei Faktoren geprägt: dem Klimawandel, dem demografischen Wandel und starkem Zuzug. 2027 soll die Hauptstadt über zwei Millionen Einwohner haben und im Jahr 2070 sollen es bereits mehr als 2,2 Millionen sein. Dass Wien wächst, merkt man allerdings nicht in den inneren Bezirken. Stadtteile innerhalb des Gürtels weisen ein Minus an Bevölkerungswachstum auf, zeigten Erhebungen der Wiener Statistikbehörde MA 23 zum Jahreswechsel. Auch, weil in den inneren Bezirken sehr dicht gebaut wurde und für neue Projekte schlicht kein Platz ist. Die großen Wohnbauprojekte befinden sich in den Außenbezirken der Hauptstadt. In Liesing, Simmering und der Donaustadt.
Preise in Simmering, Liesing und Penzing ziehen an
Der jüngste Wohnungsmarktbericht von Buwog Group und Ehl bestätigt: Neue Wohnlagen etablieren sich und es werden Gegenden hipp, die vor ein paar Jahren noch niemand kannte. „Ein großer Teil des Wohnungsbaus entsteht in neuen Wohngebieten entlang der U-Bahn und S-Bahn-Achsen im Norden, Süden und Osten der Stadt“, sagt Sandra Bauernfeind, Geschäftsführerin Ehl Wohnen. Gleichzeitig mit der Nachfrage sind auch die Kaufspreise für Eigentumswohnungen in Bezirken außerhalb des Gürtels kräftig gestiegen, allen voran in Simmering, Liesing und Penzing. Alleine in Simmering stiegen die Preise um elf Prozent, in Liesing und Penzing um 9,3 Prozent.
Wo die Preise am stärksten steigen
Gebaut werden Wohnungen mit ein bis drei Zimmern. Bereits jetzt sind 75 Prozent der Wiener Haushalte von ein bis zwei Personen bewohnt. „Die Zahl der Einpersonenhaushalte wird bis 2080 um 125.000 Menschen anwachsen,“ prognostiziert Buwog-Geschäftsführer Andreas Holler. Rund 60 Prozent der fertiggestellten Einheiten sind Mietwohnungen. Der Grund: Immobilieninvestoren – vor allem deutsche institutionelle Investoren – haben ein starkes Interesse am Wiener Wohnungsmarkt. Oft wird noch in der Planungs-, spätestens in der Bauphase ein die Immobilien verkauft. Der Investor kauft dabei das gesamte Wohnhaus und vermietet die einzelnen Wohnungen.
Neubau boomt
Generell stelle das heurige Jahr einen „Rekordwert“ im Wohnbau dar, hieß es vonseiten der Experten. So werden 2020 bis zu 20.000 neue Wohneinheiten fertiggestellt, nach 15.000 im Vorjahr. „Heuer wird die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage, die es in den vergangenen Jahren gab, geschlossen,“ sagt Buwog-Chef Andreas Holler. Ab 2021 wird die Neubauleistung wieder sinken und dann dem Bedarf entsprechen. Diesen beziffern die Experten bei rund 5.000 Wohnungen pro Jahr allein durch Zuzug – dazu kommen noch Umzüge innerhalb Wiens.
Mieten steigen moderat
Zum Rückgang der Fertigstellungen tragen mehrere Faktoren bei. Das Angebot an Bauland ist knapp, die Baupreise hoch. Auch die neue Widmungskategorie „geförderter Wohnbau“, die insbesondere Projekte in Stadtentwicklungsgebieten betrifft, habe kurzfristig eine dämpfende Wirkung, so der Befund. Da deutlich mehr Neubau-Mietwohnungen auf den Markt kommen, sollen die Mietpreise den Experten zufolge auch in den kommenden Jahren nur mehr in etwa um die Inflationsrate steigen. Anders bei Eigentumswohnungen: „In diesem Segment wurde 2019 ein Anstieg um durchschnittlich rund drei Prozent erzielt“, so Ehl-Wohnexpertin Sandra Bauernfeind.
Bauland ist knapp
Bauland für frei finanzierte Wohnungen ist knapp, die Nachfrage nach Eigentum wegen der niedrigen Zinsen aber ungebrochen. In guten und sehr guten Lagen steigen die Kaufpreise um vier Prozent über der Inflationsrate, in durchschnittlichen Lagen bei rund 2,5 Prozent. Der überwiegende Teil des Neubaus entfällt auf Großprojekte mit mehr als 100 Wohneinheiten. Für kleine Projekte in Baulücken oder für den Ausbau von Dachböden gebe es immer weniger Standorte, so Andreas Holler.