WET Bauträger-Vorstand Rädler: Warum Wohnen in Zukunft noch teurer wird

Weniger Wohnbau, weniger Förderungen, Teuerung: Christian Rädler, Vorstand der WETGruppe, über die Aussichten auf dem Immobilienmarkt. Und an welche neuen Realitäten wir uns gewöhnen müssen..

Die WETGruppe gehört zu den größten gemeinnützigen Bauträgern in Österreich, fast alle Projekte der Gruppe werden in Niederösterreich realisiert. Vorstand Christian Rädler sieht die Entwicklungen auf dem Immobiliensektor nüchtern: es stünden zwei harte Jahre bevor. Mit den höheren Zinsen und geänderten Rahmenbedingungen würde aber eine Normalisierung des in den vergangenen Jahren völlig überhitzten Marktes eingeläutet. Und: es wird noch teurer.

KURIER: Das Bauvolumen der WETGruppe ist mit 140 Millionen Euro pro Jahr beachtlich. Wie wird sich die aktuelle Situation auf dem Immobilienmarkt auf ihre Bautätigkeit auswirken?

Christian Rädler: Wir müssen sagen: war beachtlich. Wir reden im nächsten Jahr von 40, maximal 50 Millionen Euro Bauvolumen. Wir haben in den vergangenen Jahren immer rund 1.100 Wohnungen in Bau gehabt, jedes Jahr 400 bis 600 Wohnungen fertiggestellt. 2023 war unser stärkstes Jahr, mit 646 neuen Wohnungen. Das wird sich jetzt massiv ändern.

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Wann war Ihnen klar, dass Sie Ihre Pläne und Bauvorhaben so stark ändern müssen?

Es war ein laufender Prozess. 95 Prozent unseres Volumens sind gefördert, die neuen Rahmenbedingungen im Fördervolumen sind damit auch entscheidend für uns.

2024 wird die Reduktion an Fertigstellungen aber noch nicht ganz so schlimm sein, weil ja aktuell noch viele Bauvorhaben laufen.

Stimmt. Das erste echte Krisenjahr wird 2025. Wir bauen rund 18 Monate an einem Projekt. 2024 wird also noch ein Auslaufjahr sein, mit immer noch über 600 Fertigstellungen. 2025 rechnen wir mit höchstens der Hälfte.

Es gab in Niederösterreich eben auch eine Änderung der Wohnbauförderung. Was bedeutet die neue Regelung konkret?

Das war bisher ein Haftungsmodell des Landes. Jetzt gibt es für 20 Prozent des Bauvolumens ein Direktdarlehen des Landes, das mit drei Prozent verzinst ist. Der Rest muss am Kapitalmarkt aufgenommen werden, dafür gibt es einen Zinszuschuss von 4,5 Prozent.

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Wie finden Sie das neue Modell?

Wir beschweren uns nicht. Das neue Modell ist gesamt so gut wie das alte. Aber: Wir wünschen uns mehr Gesamtbudget. Früher wurden pro Jahr rund 4.000 Wohnungen gefördert, damit war Niederösterreich in manchen Jahren sogar besser als Wien.

Warum wurden die Budgets so stark reduziert?

Das hat mit der gesamtwirtschaftlichen Situation zu tun.

Was bedeutet die Reduktion des Bauvolumens für den Wohnmarkt insgesamt, für die Menschen und das Wohnen in Zukunft?

Das hohe und gute Angebot der vergangenen Jahre hat den Preis für Mieten und Eigentum stark gedämpft. Wohnen war in den vergangenen zehn Jahren günstig, auch wenn viele das nicht hören wollen. Wir hatten eine durchschnittliche Miete inklusive Betriebskosten in den Gemeinnützigen von rund acht Euro. In einem Neubau, der ökologisch am letzten Stand ist, mit Niedrigenergiestandard, zwei Parkplätzen, Wohnraumlüftung, hochwertigen Materialien.

Für die Zukunft heißt das abgeleitet: Wohnen wird weiterhin teurer werden.

Ja, die Teuerung wird sich leider fortsetzen. Das hängt mit vielen Faktoren zusammen: mit der Zinsentwicklung, den Grundstückspreisen, die leider nicht günstiger werden. Die Baukosten sind ein Thema. Wobei sich die Materialkosten zwar reduziert haben, aber die Personalkosten massiv gestiegen sind. Rund 60 Prozent der Kosten im Bau entfallen auf die Personalkosten. Allein die vergangenen zwei Jahre hatten wir über 15 Prozent Lohnplus. Die Betriebskosten sind zwar wieder günstiger geworden. Aber dann haben wir noch die höheren Zinsen, die werden in den nächsten zwei Jahren kaum anders werden. Wohnen wird also insgesamt nicht billiger werden und wir bewegen uns auf ein Zwölf-Euro-Niveau für die Miete bei den Gemeinnützigen. Daran wird man sich gewöhnen müssen.

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Die Zinslage trifft auch die freifinanzierten Immobilienentwickler. Deren Geschäftsmodell ändert sich auch massiv.

Derzeit findet eine gewisse Flurbereinigung auf dem Immobilienmarkt statt. Im Großen und im Kleinen. Das wird sich in den kommenden Jahren noch verstärken. Wenn Geld nichts kostet, so wie in den Nullzinsjahren, kann jeder Projekte machen. Dann muss man auch nicht rechnen können: Man kauft das Grundstück, finanziert für null Zinsen und verkauft bei Fertigstellung. Da war viel schnelles Geld zu verdienen, auch etliche Glücksritter am Markt. Die Normalisierung findet jetzt durch die neue Zinslage statt. Sehr abrupt allerdings.

Wie düster sehen Sie die nächsten zwei Jahre?

Wir werden nicht jammern oder in einen Pessimismus verfallen. Es ist einfach das Ende einer zehnjährigen Hochphase. Wir waren zehn Jahre über dem Niveau und nähern uns jetzt wieder einer Normalität an. Wir haben Wohnungen gebaut, für acht Euro Miete. Die Menschen sind von alten Wohnungen in was Neues, Tolles gezogen, das auch noch günstiger war. Da hat auch die Relation nicht mehr gepasst. Die zwölf Euro Miete auf den Quadratmeter werden normal werden, weil es billiger nicht mehr geht.

Was Sie stark kritisieren, sind die hohen Anforderungen, die Sie als Gemeinnütziger bei Bauvorhaben erfüllen müssen.

Durch die Bauordnung haben wir extrem hohe Vorgaben beim Bauen. Wenn wir die Leistbarkeit von Wohnen in Zukunft sichern wollen, müssen wir da ansetzen. Weil die aktuellen Standards sind einfach zu hoch. Das ließe sich durch die Politik aber einfach ändern. Etwa eine neue Regelung für die zurückgesetzten Dachgeschoße oder die vorgeschriebenen zwei Parkplätze pro Einheit. Schon durch einige vereinfachende Maßnahmen könnten Einsparungen von bis zu 800 Euro pro Quadratmeter an Baukosten realisiert werden. Seit Jahren kommt es nämlich zu einem zunehmenden Anstieg von Vorgaben und Normen, während notwendige Vereinfachungen ausbleiben – hier liegt ein eindeutiges Versäumnis der Politik vor. Eine Konsequenz der hohen Kosten: In Zukunft werden Reihenhäuser keine Keller mehr haben, das geht sich finanziell einfach nicht mehr aus.

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