Viel Platz für Glaskunst: Wo Architektur auf Design trifft

Wie aus einem unansehnlichen Leerstand ein architektonisches Kleinod wurde, zeigt ein Projekt in Wien-Währing. Im neuen Handwerksatelier entstehen die Glasobjekte von Robert Comploj.

Die Martinstraße in Wien-Währing liegt in der Nähe des Gürtels und ist stark frequentiert. Betritt man jedoch den Innenhof des Glasbläser-Studios Comploj, eröffnet sich eine andere Welt: ruhig und grün. Hinter dem alten Baumbestand verbergen sich die wahren Schätze: die neue Werkstatt, der Showroom und das Wohnhaus von Glasdesigner Robert Comploj.

Das österreichisch-finnische Architekturbüro Berger + Parkkinen setzte dieses sehr spezielle Projekt für den Atelierbau um. Da die Werkstatt in der Westbahnstraße in Wien-Neubau zu klein wurde, machte sich Robert Comploj auf die Suche nach einem neuen Standort. Schließlich wurde er im 18. Bezirk fündig: ein Leerstand bestehend aus drei Häusern aus der Nachkriegszeit. 2019 begannen die Planungen für den Umbau, gemeinsam mit den Architekten Alfred Berger und Tiina Parkkinen, die auch die Generalplanung übernahmen. Baubeginn war 2022.

Zwei Gebäude im grünen InnenhofWolfgang Thaler

Neues Leben für Bestand 

Aus dem vormals wenig ansehnlichen Hinterhof wurde in nur wenigen Monaten dank des einfallsreichen Umbaus des Architektenduos ein wahres Kleinod. Eingebettet zwischen Nachkriegswohnungen der Nachbargrundstücke verbessert das neugestaltete Ensemble die Aufenthaltsqualität aller. Der alte Baumbestand konnte ebenfalls erhalten werden und wurde durch Neupflanzungen geschmackvoll erweitert.

Werkstatt mit Hochofen und Blick in den InnenhofWolfgang Thaler

Werkstatt mit zentralem Ofen

Die Werkstatt mit dem Hochofen bildet das Herzstück im Inneren. „Vorbild dafür war ein Kloster in Portugal. Mit fiel ein, dass sich dort im Zentrum zwei riesige Essen befanden, auf denen einst die Ochsen gedreht wurden“, erzählt Alfred Berger. 

Die renovierten Deckenfenster lassen Tageslicht ins Atelier und machen die Produktionsstätte zur einmaligen Entstehungskulisse für die Kreationen von Robert Comploj. Die Wärme des Ofens wird für das Heizen des gesamten Komplexes genutzt. In die Werkstatt gelangt man über eine überdimensionale Schiebetüre aus Glas, im Inneren musste darauf geachtet werden, dass genügend Platz ist, damit auch ein kleiner Stapler herumfahren kann.

Dach mit großen FensternWolfgang Thaler

Viel Tageslicht strömt über die Oberlichten in die Werkstatt

Gelungene Transformation

An das Handwerksatelier angeschlossen ist der ebenfalls ebenerdig und zum Garten orientierte Schau- und Verkaufsraum. Dieser ist als Galerieraum mit bodenlangen Fenstertüren und viel Platz für die Glasskulpturen, die durch Licht ganz besonders zur Geltung kommen, konzipiert. 

Das jetzige zweigeschoßige Wohnhaus war ein ebenerdiger Bau mit Flachdach, der ursprünglich als Büro genutzt wurde. Unter dem neuen Dach haben die Schlafräume Platz gefunden.

Dieses Projekt zeigt, wie aus einem ungenutzten Leerstand auch heute wieder eine funktionale Produktionsstätten im städtischen Raum entstehen kann – in diesem Fall ein Handwerksatelier. Zugleich wurde durch die Transformation der alten Gebäude eine einladende und vielseitige Umgebung für Kunst, Handwerk und Familie geschaffen.

Robert Comploj mit Brille hinter einem gelben GlasobjektPATRICK TAFNER

Glasbläser Robert Comploj

Glaskunst aus Wien

Der gebürtige Tiroler Robert Comploj ist seit mehr als zwanzig Jahren im Glashandwerk tätig. Er besuchte die Glasfachschule in Kramsach in Tirol und zog anschließend in die USA, um in Unternehmen, aber vor allen in Kursen von den großen Glasmeistern aus Murano sein Handwerk zu erlernen. Jahrelang sammelte er Wissen und Erfahrung in verschiedenen Werkstätten in den Vereinigten Staaten, Australien, London und Dänemark.

Graue Christbaumkugel aus GlasPATRICK TAFNER

Christbaumkugel aus Glas

Seit 2017 ist er zurück in Wien. Hier begann er, seine eigene Vision zeitgenössischer Glasobjekte zu entwickeln. In dem neuen Handwerksatelier haben Robert Comploj und sein vierköpfiges Team genügend Platz, um die einzigartigen Objekte in großer Präzession zu schaffen. „90 Prozent sind Auftragsarbeiten für Hotels oder Künstler“, erzählt der Designer. Als Besucher fällt auf: Sie sind ein eingespieltes Team. Jeder Handgriff sitzt in einer auf die Sekunde genau getimten Choreografie.

Rechtzeitig vor Weihnachten haben Interessenten die Gelegenheit, seine Objekte – Vasen, Schalen oder Christbaumkugeln – zu erwerben, von12. bis 24. Dezember im Pop-up Store in der Herrengasse 1 (1010 Wien).

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