Sind Mieten bald unleistbar? Warum sie steigen, was man tun kann

Die Inflation verteuert Wohnungsmieten enorm und macht das Wohnen für viele bald unleistbar. Was kann man dagegen tun?

Das Jahr endet für viele Mieter mit einer Verteuerung: indexabhängige Mieten sind bereits gestiegen oder steigen nun per 1.1.2023. Frau M. zahlte bisher 750 Euro für ihre Wohnung in Wien, per 1. Jänner 2023 steigt die Miete auf 829,50 Euro, informierte sie der Vermieter. Darf er das? Ja, denn die Inflation ist heuer besonders hoch mit zuletzt über zehn Prozent im November. Da Wohnungsmieten über Wertsicherungsvereinbarungen oder gesetzlich an die Teuerung gekoppelt sind, passen sich die Mieten folglich an. Für viele Mieter sind das Mehrkosten, die schwer zu stemmen sind.

Seit wann gibt es die Indexierung, was ist gesetzlich vorgeschrieben?

„Die gesetzliche Indexierung, also die im Gesetz genannten Beträge (für Kategorie- und und Richtwert-Mieten), sind seit 1982 bzw. 1994 mit dem Verbraucherpreis (VPI) wertgesichert“, führt Walter Rosifka, Wohnrechtsexperte der Arbeiterkammer, aus. „Sie gelten per Gesetz immer nur für Neuverträge.“

Davon unterscheidet man die vertragliche Indexierung: In Mietverträgen wird regelmäßig eine Indexierung vereinbart, die meist an den VPI, aber vereinzelt auch an den Baukostenindex, gekoppelt wird. Rosifka: „Damit steigt bei laufenden Mietverträgen der Hauptmietzins, nicht aber die Betriebskosten, mit der vereinbarten Wertsicherung.“

Heuer war es so, dass die gesetzlich geregelten Richtwertmieten im April um 5,85 Prozent für rund 755.000 Mieter in Österreich erhöht wurden. Die Erhöhung betrifft jene Verträge, die entsprechende Anpassungsklauseln im Vertrag haben.

Mietervereinigung/Thomas Peschat

Elke Hanel-Torsch, Vorsitzende der Mietervereinigung Wien

Wann wird erhöht?

Die Kategoriemieten werden dann erhöht, wenn die Inflation eine Fünf-Prozent-Schwelle übersteigt. Fällig wäre die Anhebung bereits 2020 und 2021 gewesen, sie wurde gesetzlich verschoben, um die Pandemiefolgen zu lindern. Daher wurden die Kategoriemieten heuer im April angepasst, rund 252.000 Mieter waren betroffen, im Juni wurden die Kategoriemieten dann abermals angepasst. Jetzt im Dezember ist das wieder der Fall, dass der Schwellenwert überschritten wurde.

Elke Hanel-Torsch, Vorsitzende der Mietervereinigung Wien, nennt ein Beispiel: „Die Kategorie-A-Beträge stiegen österreichweit von 3,60 auf 4,23 Euro, das ist ein Plus von 17,5 Prozent. Für einen 70m2-Haushalt sind das Mehrkosten von rund 580 Euro im Jahr.“

Rund 856.000 Mieter mit angemessenen Mieten (in nicht gesetzlich geregelten privaten Mietwohnungen) trifft die Indexierung ebenfalls. Wenn weder ein Richtwertmietzins, noch ein Kategoriemietzins zur Anwendung kommt, ist es üblich, dass vertraglich eine Wertsicherung vereinbart wird. Meist ist das jene nach dem VPI. Es könnten aber auch andere Indizes vereinbart werden.

Was bedeutet die hohe Inflation für die weitere Entwicklung 2023?

Es wird auch im neuen Jahr Inflationsanpassungen geben, sind die Experten überzeugt. Die gesetzlichen Richtwerte werden wieder erhöht und bei allen Verträgen, die eine Wertsicherung vorsehen, steigen auch die Mieten. Hinzu kommt: Auch das Hausverwaltungshonorar steigt. „Dieses wird im Rahmen der Betriebskosten bezahlt und ist an den Kategorie-A-Betrag gekoppelt. Wenn dieser steigt, erhöhen sich auch die Betriebskosten“, erläutert Hanel-Torsch. Die Folge: „Immer mehr Menschen müssen überlegen, ob sie das Geld für die Miete, das Heizen oder Essen ausgeben. Gerade jene, die schon vor der Teuerungswelle mit sehr wenig auskommen mussten, befürchten jetzt, bald ohne ein Dach über dem Kopf dazustehen“, erzählt die Expertin.

Kann man die Teuerung abwenden?

Es gibt grundsätzlich die Möglichkeit, die Indexierung zu verhandeln. „Bei Neuverträgen kann man versuchen, eine Indexierung mit lediglich maximal zwei Prozent im Jahr mit dem Vermieter zu vereinbaren“, rät Walter Rosifka. Bei bestehenden Verträgen kann man schauen, ob der Vermieter bereit ist, die Erhöhung einmal auszusetzen, es gibt Vermieter, die das machen: weil sie an langfristigen, pünktlich zahlenden Mietern interessiert sind. „Prinzipiell kann man über Indexerhöhungen verhandeln. In der Praxis ist das jedoch nur selten von Erfolg gekrönt“, stellt Hanel-Tosch klar.

Überprüfung lohnt sich

Ob die Indexanpassung im Einzelfall gerechtfertigt ist, kann man bei der Schlichtungsstelle oder beim Bezirksgericht erfahren. Sollten Mieter ein Wertsicherungsschreiben erhalten, lohnt sich eine Überprüfung, so Hanel-Torsch. Wurde die Wertsicherung korrekt vereinbart? Ist der Schwellenwert tatsächlich überschritten? Wurde der richtige Index herangezogen? Wer sich die Miete nicht mehr leisten kann, kann sich beraten lassen, etwa bei www.wohnschirm.at oder um Wohnbeihilfe ansuchen.

Makler dürfen Mietern zwei Monatsmieten als Provision verrechnenAPA - Austria Presse Agentur

Die Inflation verteuert wertgesicherte Wohnungsmieten erheblich

Und wofür wird die Miete samt Indexierung verwendet?

„Die Einnahmen aus der Miete werden von einem verantwortungsbewussten Eigentümer in das Haus bzw. die Wohnung investiert, damit der Wert erhalten bleibt“, sagt Georg Spiegelfeld, Präsident des Immobilienrings. „Tut er das nicht, werden die Wohnungen keine Mieter mehr finden. Aktuell und in den nächsten Jahren sind große Investitionen in die thermische Sanierung und das Heizsystem notwendig. Dafür werden Eigentümer viel Geld aufwenden müssen.“

Thomas Lainer, Vizepräsident des Immobilienrings, ergänzt hier: „Der Gesetzgeber hat seit den OGH-Klauselentscheidungen zum Mietrecht ab dem Jahr 2006 die Instandhaltungspflicht des Vermieters wesentlich erweitert. Die gesamte Instandhaltung, inklusive Ausmalen, obliegt nun dem Vermieter.“ Gerade die Kosten für Instandhaltungsleistungen und Handwerkerentgelte seien in den vergangenen Jahren überproportional im Vergleich zur Inflationsrate gestiegen. Thomas Lainer: „Jeder, der in den vergangenen beiden Jahren versucht hat, einen Handwerker zu bekommen, kennt das Problem.“

Mietzins-Arten

Kategorie:  
Das sind alle, die in Gebäuden leben, auf die das Mietrechtsgesetz anwendbar ist (privater Altbau vor 1945 errichtet) und deren Mietvertrag vor dem 1. März 1994 abgeschlossen wurde.

Richtwert:
Das sind alle, die in Gebäuden leben, auf die das Mietrechtsgesetz anwendbar ist (privater Altbau vor 1945 errichtet) und deren Mietvertrag nach dem 1. März 1994 abgeschlossen wurde.

Angemessener  Mietzins:
Betroffen sind alle, die in einem Gebäude leben, das nach dem 8. 5. 1945 errichtet wurde und deren Nutzfläche 130 m² übersteigt.

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