Schwammstadtprinzip ermöglicht Bäumen längeres Leben

Damit Bäume als natürliche Klimaanlagen gedeihen können, vereint das Schwammstadtprinzip Straßen- und Wurzelraum.

„Nach 20 Jahren ist er tot“, sagt Stefan Schmidt, Leiter der Forschungsabteilung Landschaftsgestaltung Schönbrunn. Wolfgang Praskac, Leiter der gleichnamigen Baumschule, erhöht auf durchschnittlich 30 bis 35 Jahre. Aber: „Länger überleben Stadtbäume neben Straßen bestimmt nicht.“

Denn das, was sie zum guten Gedeihen benötigen, ist schlicht nicht vorhanden: großzügige, tiefgründige Baumgruben und humose Erde, sodass sich keine Staunässe bildet. Schmidt: „Die Baumscheiben – und somit das zur Verfügung stehende Wurzelvolumen – sind für Straßenbäume viel zu wenig, um große Kronen ausbilden zu können.

Auch das Substrat, in dem die Bäume stehen, ist für ein gesundes Baumwachstum oft auf Dauer nicht geeignet.“

Längeres Leben für Stadtbäume

Um den Bäumen ein längeres Überleben zu sichern, forscht Schmidt mit dem „Arbeitskreis Schwammstadt“ am sogenannten Schwammstadtprinzip. Zur Erklärung: Boden besteht zu 50 Prozent aus Hohlräumen und zu 50 Prozent auf Feststoffen. Damit Pflanzen wachsen können, breiten sie sich in diesen Hohlräumen aus, denn darin ist Luft und Wasser gespeichert. Schmidt: „Durch Verdichtung im Straßenraum verschwinden diese Hohlräume mit der Zeit und dadurch haben Baumwurzeln keinen Raum zu wachsen.“

An dieser Stelle wirkt das Schwammstadtprinzip. Dabei wird unter dem Straßenoberbau eine Schicht aus kantigen Steinbrocken gelegt und die Hohlräume mit Feinmaterial – einer Mischung aus Schluff, Sand und Kompostanteilen – aufgefüllt. Schmidt: „Die Konsistenz von Schluff liegt zwischen Ton und Sand.

In den Poren des Schluffs wird Wasser gespeichert, was Pflanzen wiederum herausziehen können.“ Gartenexperte Wolfgang Praskac sieht einen weiteren positiven Effekt des Schwammstadtprinzips. Da das Wasser abfließen und gespeichert werden kann, werden bei Starkregen Überschwemmungen verhindert.

Praskac: „Das Wasser geht nicht über, stattdessen wird es in den Baumgruben gespeichert. Das ist sonst nur mit speziellem Substrat möglich.“

Stockholm machts vor

Wie das Prinzip großflächig umgesetzt werden kann, zeigt Schweden. In der Hauptstadt Stockholm werden Schwammstädte bereits seit 15 Jahren mit Erfolg umgesetzt und neue oder zu sanierende Straßen mit dem Unterbau ausgestattet.

Auch in Graz, konkret in der Eggenberger Allee, wurde das Schwammstadtprinzip nun erstmals ausgebaut. Schmidt: „Wenn die Straße ohnehin aufgerissen werden muss, ist der Unterbau nicht wesentlich teurer. Die fertige Allee hat pro Kubikmeter 250 Euro gekostet.“

In den gesteigerten Kosten sieht Baumexperte Praskac allerdings ein Problem. Er weiß, dass im städtischen Bereich oft wenig Geld für den Baum bleibt, weil die Baugrube teuer war. Die schlechteste Variante sei aber, gar keinen Baum zu setzen.

Was Bäume in der Stadt leisten müssen, weiß Wolfgang Praskac nur zu gut. Der Gärtner beliefert die Stadt Wien seit Jahrzehnten mit Bäumen. Die schattenspendenden Geweihbäume und gelben Lederhülsenbäume auf der Mariahilfer Straße im sechsten Bezirk hat Praskac vor 30 Jahren von Tulln nach Wien verpflanzt.

„In der Stadt müssen Bäume nach oben wachsen, sie dürfen nicht nach unten hängen, damit Busse vorbeifahren können. Sie sollen geringe Bodenansprüche haben, salz- sowie hitzebeständig sein und wenig Wasser aushalten“, so Praskac. Umso wichtiger ist es, ihnen genug Platz zum Wurzeln zu geben. Schmidt: „ Denn sie sind die einzige nachhaltige Klimaanlage, die in der Stadt funktioniert.“

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