Ohne Giebel, aber mit Mehrwert

Flachdächer feiern im Hausbau eine Renaissance. Worauf Bauherren bei der Errichtung achten sollten.

Puristisch gradlinig, am liebsten kubusartig, mit Vor- und Rücksprüngen in der Fassade, großen Glasflächen für die perfekte Aussicht und einem ebenen Dach mit Mehrwert – so präsentieren sich moderne Familienhäuser.

Die bungalowhaften Bauwerke wirken ebenso schlicht wie edel und überzeugen mit praktischer Innenraumgestaltung sowie mit großzügigen Terrassen. Ihr gemeinsames Merkmal ist das Flachdach, das sich derzeit wieder wachsender Beliebtheit  erfreut. „Es ist eines der typischen Merkmale zeitgenössischer  Architektursprache“, sagt Alexander Niessl, Baumeister und Inhaber des gleichnamigen Planungsbüros in Wien und Burgenland. „Es erlaubt zahlreiche Nutzungs- und Gestaltungsmöglichkeiten, ist preiswert und technisch voll ausgereift – sprich verlässlich, beständig, gut belastbar und vor allem dicht.“

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Das war nicht immer so: Nach ihrem Einzug in die Baukunst der Moderne vor mehr als einem halben Jahrhundert kehrte schon wenige Jahre später Ernüchterung ein. Konstruktionsfehler und Pfusch am Bau führten zu schweren Schäden an den Gebäuden und verpassten dem Flachdach ein schlechtes Image. Doch das ist Geschichte. Vorausgesetzt, Materialien und Facharbeit passen.

Sorgfältige Planung notwendig

„Ein Flachdach bietet viele Vorteile, erfordert jedoch auch viel Sorgfalt bei der Ausführung von Abdichtung, Dämmung und Tragkonstruktion“, betont Wolfgang Hubner, Geschäftsführer des österreichischen Instituts für Flachdachbau und Bauwerksabdichtung (IFB). „Sind bei der Errichtung Profis am Werk, also im Flachdachbau ausgebildete Fachkräfte – Dachdecker, Spengler und Bauwerksabdichter (seit einem Jahr ein Gewerbe mit offizieller Ausbildungsverpflichtung) –, und wird das Dach danach regelmäßig gewartet, steht die Lebenserwartung eines Flachdaches jener eines Steildaches in nichts nach.“

Da Wasser auf einem flachen Dach länger steht als auf einem geneigten, muss die zuverlässige Wasserabführung gewährleistet sein. Außerdem müsse die Abdichtung jahrzehntelang allen Witterungseinflüssen trotzen, Hitze und Sonneneinstrahlung im Sommer, tiefsten Temperaturen im Winter, starken Regenfällen bis hin zum Hagelschlag und heftigen Winden. Auch chemischen Belastungen (etwa  Mikroben) oder mechanischen Einflüssen hat eine Flachdach-Abdichtung verlässlich standzuhalten. „Dann hält ein Flachdach 30 bis 40 Jahre lang“, weiß Hubner

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Als Flachdächer werden Dachflächen mit einer Neigung unter fünf Grad bezeichnet, die anstelle einer Dachdeckung eine Dachabdichtung haben. Hubner: „Sie sollten mit einem Mindestgefälle von zwei Prozent (gemäß ÖNORM B3691) ausgeführt werden – das entspricht mindestens zwei Zentimetern Gefälle auf einen Quadratmeter Dachfläche. Dies gilt übrigens auch für Terrassen.“

Die Konstruktion  des Flachdachs kann auf unterschiedliche Art und Weise ausgeführt werden – als belüftetes oder unbelüftetes Flachdach. In Hinblick auf deren Temperatur werden diese Varianten auch als „Kaltdach“ und „Warmdach“ bezeichnet. Ein unbelüftetes Flachdach (Warmdach) besteht grundsätzlich aus einer Tragkonstruktion (etwa Stahltrapezprofile, Holz oder Stahlbeton), auf den Untergrund (Gebäudedecke) kommt ein Gefälleestrich (Beton) und Voranstrich und darauf eine diffusionshemmende Schicht (Dampfsperre), auf der die Wärmedämmung sowie die Dachhaut anschließen.  Die Dämmung – EPS-Wärmedämmplatten, expandiertes Polystyrol, Polyurethan-Hartschaum (PIR), Mineralfaser oder Schaumglas – wird unterhalb der Dachhaut angebracht, beim sogenannten „Umkehrdach“ oberhalb angeordnet (mit XPS-Wärmedämmplatten).

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Ein Kaltdach hingegen ist eine Dachkonstruktion mit einer unteren und oberen Schale sowie einem dazwischenliegenden, von außen belüfteten Dachraum. Eine besondere Form des Flachdaches ist das Gründach, das aus einer Drainageschicht, einem Systemfilter, einer Vegetationsschicht sowie der Begrünung besteht.

 In Österreich  werden häufig Warmdächer gebaut. „Aber auch Umkehrdächer sind im Wohnbau sehr beliebt. Vom Kaltdach ist man meist aus Preisgründen wieder abgekommen“, meint Hubner. Der neuralgische Punkt oder besser gesagt die entscheidende Schicht beim Flachdach ist die Abdichtung. Dafür werden laut IFB-Leiter Hubner entweder Kunststoffbahnen (z.B. FPO, EPDM, PVC-Folien), bituminöse Bahnen oder Flüssigkunststoffe (basierend auf Reaktionsharzen) verwendet.

Flachdächer als Dachterrasse

Sind sie einmal perfekt abgedichtet, erweisen sich Flachdächer in vielerlei Hinsicht als äußerst praktisch: „Damit lässt sich das obere Geschoß optimal zum Wohnen nutzen, da es keine Schrägen gibt wie beim Sattel- und Walmdach“, weiß Hubner.

Hinsichtlich Begrünung eignen sich Flachdächer gerade bei kleinen Grundstücken ideal als Dachterrasse, weiß Bauplaner Alexander Niessl aus Erfahrung. „Außerdem bietet das freie und ebene Flachdach genug Platz für Solar- bzw. Fotovoltaikanlagen, Lüftungseinrichtungen und Klimageräte, aber auch für beispielsweise Lichtkuppel.“ Auf jeden Fall sollten Bauherren schon bei der Hausplanung überlegen, ob bzw. wie sie das Dach nutzen möchten, so der Experte. IFB-Chef Hubner: „Ein ungenutztes Flachdach muss durch mechanische Fixierung oder umfangreiche Verklebung mit dem Untergrund großen Windsogkräften standhalten, wohingegen bei einem Kiesdach, einem begrünten Flachdach oder einer Dachterrasse die Abdichtung besonders mikroben- bzw. wurzelresistent sein muss. Susanne Sklenar

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