Alte Gebäude verlieren manchmal ihren ursprünglichen Zweck. Ihre Architektur ist aber so wertvoll, dass sie adaptiert und neu genutzt werden.
Hunderte Menschen aus aller Welt werden das historische Zollamtsgebäude in Wien-Landstraße ab 2025 neu beleben. Dann wird das Gebäude aus dem Jahr 1848 vom Liegenschaftseigentümer, der Austrian Real Estate, adaptiert sein für die Anforderungen des neuen Mieters: der Österreichische Integrationsfonds. Wo während der Monarchie Kaffee, Stoffe oder Juwelen verzollt wurden, werden Menschen Deutsch lernen, sich beraten lassen oder zusammen Kaffeetrinken.
Denkmalschutz ist Klimaschutz
Zum Glück stehen viele historische Gebäude wie dieses unter Denkmalschutz. Das ist ein wesentlicher Faktor für den Klimaschutz, denn eine möglichst lange Nutzungsdauer schont Ressourcen und verhindert neue Bodenversiegelung. Solche Gebäude verfügen meist über gute Bausubstanz und wertvolle Architektur. Wilfried Erasim, verantwortlicher Asset-Manager für dieses Projekt, bestätigt den guten Zustand des 170 Jahre alten Hauses in der Vorderen Zollamtsstraße 3: „Es handelt sich um einen sehr massiven Bau. Hier wurde viel Stein verbaut. Zudem wurden sehr hochwertige Putze und Mörtel verwendet, was sich heute als extrem nachhaltig erweist.“
Hohe Kundenfrequenz
Alle Wiener Standorte des Österreichischen Integrationsfonds werden künftig unter einem Dach untergebracht sein. Neben klassischen Büros werden auch Flächen für Weiterbildung und Beratung sowie Kindergarten, Bibliothek und Integrationscafé benötigt. „Eine zeitgemäße Nutzung ist uns wichtig. Mit dem Österreichischen Integrationsfonds haben wir einen Mieter gefunden, der einerseits ein Haus gesucht hat für Büronutzung, aber auch für Angebote mit einer hohen Kundenfrequenz. Schon vor 170 Jahren war es ein belebtes Gebäude, in dem täglich Hunderte Menschen ein- und ausgegangen sind“, so Erasim.
Architekt war Vordenker
Bevor es so weit ist, müssen die sieben Geschoße mit insgesamt 13.000 m2 saniert werden. Dafür wird u. a. die Haustechnik auf den neuesten Stand gebracht, die Fenster werden ausgetauscht und die Aufzüge erneuert. Die Eingangshalle wird wieder fünfschiffig und der Kassensaal erhält seine ursprüngliche Form.
Erleichtert wird der Umbau durch Pläne von Architekt Paul Sprenger aus dem Jahr 1838. „Sprenger hat das Gebäude schon damals mit flexiblen Bereichen geplant, in den Plänen ganze Trakte offengelassen – ohne Wände einzuzeichnen, das hilft uns heute sehr bei der weiteren Adaptierung“, erzählt Erasim.
Kostensicherheit
Das Projekt wird bei der ARE erstmals als Early Contractor Involvement Modell umgesetzt. Dabei wird der Generalunternehmer schon ab Entwurfsplanung eingebunden. So soll frühzeitig Kostensicherheit garantiert und etwaige nachträgliche Umplanungen vermieden werden.
Büros statt Zuschauertribünen
Im Viertel Zwei in Wien-Leopoldstadt standen die ehemaligen Tribünen an der Trabrennbahn Krieau seit den 1960er-Jahren leer. Sie sind Wiens älteste Stahlbetongebäude. Der Immobilienentwickler Value One hat gemeinsam mit dem österreichischen Architekten Martin Kohlbauer den denkmalgeschützten Bauwerken neues Leben eingehaucht.
Nach einer dreijährigen Sanierung, die in enger Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt durchgeführt wurde, sind die Tribünen auf den modernsten Stand der Technik gebracht und 2021 neu besiedelt worden.
Im Vordergrund stand die Erhaltung der architektonischen Tradition. Gleichzeitig war es der Anspruch des Entwicklers, mit den neuen Tribünen eine Vorreiterrolle für moderne Arbeitswelten, u. a. mit flexibler Innenraumgestaltung, einzunehmen. „Mir war es besonders wichtig, diese außergewöhnlichen Gebäude der Wiener Architekturkunst zu erhalten und wiederzubeleben“, erklärt Vorstand Michael Griesmayr. Value One nutzt selbst die Tribüne zwei als neue Firmenzentrale.
Kreativ im Backsteinbau
Wo früher Getreide zu Mehl verarbeitet wurde, setzen heute innovative Unternehmen digitale und kreative Prozesse in Gang. Die Rede ist vom Quartier Rauchmühle in Salzburg . Die originalen Backsteinmauern auf dem 700 Jahre alten Areal in der Stadt Salzburg wurden revitalisiert – aber roh belassen und schaffen mit industriellen Zeugnissen in Metall und modernen Elementen in Glas und Metall eine spannende Atmosphäre. Ein Gesamtkonzept, das für die Nutzenden viel Raum lässt für Kreativität und Innovation. Vernetzende Elemente zeigen sich architektonisch etwa in einer außergewöhnlichen und imposanten Wendeltreppe aus Stahl im alten Mühlhaus.
Bauten mit Potenzial
Die Geschichte der heutigen Rauchmühle lässt sich bis ins Jahr 1330 zurückverfolgen. Damals weit außerhalb des Stadtkerns gelegen, zählt das historische Industrieareal zum Zeitpunkt der Betriebsschließung im Jahr 2011 längst zum urbanen Teil Salzburgs.
Mit der Stilllegung des Mühlenbetriebes startete unter der Führung der Prisma Unternehmensgruppe ein mehrjähriger, kooperativer Entwicklungsprozess für das Areal und die bauhistorisch wertvollen Bauteile. „Wir sind uns dieser historischen Verantwortung nicht nur bewusst, wir sehen hier ein nicht ersetzbares Potenzial für die Gestaltung der Zukunft“, betonte Bernhard Ölz, Vorstand der Prisma Unternehmensgruppe. „Mit der räumlichen und inhaltlichen Transformation dieser historischen Gebäude wird ein neuer, kräftiger Impuls für Salzburgs Digital- und Kreativwirtschaft gesetzt.“