Neues Leben zieht in leer stehende Silos

Grün statt Grau: Architekt Johannes Pesendorfer erklärt, wie die alten Silos in Bruckneudorf zu neuem Leben erweckt werden.

Sie sind von weithin sichtbar, jeder kennt sie, aber besonders attraktiv findet diese riesigen Betonklötze niemand. Die Rede ist von Silos, die vor mehr als 50 Jahren in vielen Ortschaften – vorwiegend im Osten unseres Landes – wie die Schwammerln aus dem Boden geschossen sind. Die Bauwerke haben mittlerweile als Speicher ausgedient. Statt sie abzureißen, werden sie immer öfter einer neuen Nutzung zugeführt. Wir haben uns umgesehen.

Umbau in Bruckneudorf

Wo ab den 1970er-Jahren Mais, Hafer etc. gelagert wurden, sollen schon bald neue Wohnungen entstehen. Wie in vielen Ortschaften werden auch im burgenländischen Bruckneudorf die Silos seit vielen Jahren nicht mehr genutzt.

Die beiden Getreidesilos stehen in einer zentralen Lage, auf dem Gelände einer ehemaligen Agrarhandelsfirma. Die nähere Umgebung erwacht gerade zu neuem Leben und wird mit neuen Funktionen versehen: Seit September ist die neue Volksschule in Betrieb. Die denkmalgeschützte ehemalige Erbsenfabrik wurde zu einer zwölfklassigen Volksschule mit Nachmittagsbetreuung, einem Turnsaal und Mehrzwecksaal umgebaut.

Im Vorfeld entsteht der neue Hauptplatz von Bruckneudorf. Aber auch eine Musikschule, ein Supermarkt, ein Veranstaltungszentrum haben sich schon hier angesiedelt. Neue Reihenhäuser werden gerade errichtet. Eine Kirche sowie eine Tiefgarage sind ebenso in Planung. Das vier Hektar große Areal mitten im Ort ist rund 20 Jahre lang brachgelegen, ehe sich die Gemeinde zu einer Neuentwicklung entschloss.

Kurier / Gerhard Deutsch

Eine Fachwerkbrücke verbindet die beiden Silos

Die beiden Silos sind aktuell ca. 43 Meter hoch und durch eine Fachwerkbrücke verbunden. Eigentümer ist die OSG – Oberwarter gemeinnützige Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft.

Für das Projekt werden nach den Plänen der ARGE Pesendorfer/Machalek/Dolmanits Architekten die Silos nun um 1,5 Geschoße rückgebaut, um unter der Höhe von 32 Metern als Fluchtwegsniveau des obersten Stockwerkes zu bleiben. „So erspart man sich etwa den Einbau einer Sprinkleranlage“, erklärt Architekt Johannes Pesendorfer.

Warum reißt man die Silos nicht einfach ab und baut Neues? „Weil es nachhaltiger ist. Die Bausubstanz ist ausgezeichnet, mit der neuen Nutzung erspart man sich Hunderte Lkw-Fahrten und natürlich auch Baustoffe. Und nachdem ein Hochhaus im Burgenland eine absolute Ausnahme ist, wäre ein neues Bauwerk in dieser Höhe wahrscheinlich eher auf Ablehnung gestoßen“, so Pesendorfer.

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Die ehemaligen Getreidesilos werden ab Herbst 2023 zu Wohnungen umgebaut

Neuinterpretation

In Anlehnung an die ehemalige Nutzung als Getreidespeicher und an die umliegenden Ackerflächen haben die Architekten das Gebäude als „Vertical Field“ interpretiert: Es werden großzügige Außenflächen entstehen, die für Bepflanzungen und Urban Gardening genutzt werden können. Das Gebäude soll sich von einem riesigen Betonbunker sowohl in der Nutzung als auch im Erscheinungsbild zu einem grünen Landmark entwickeln.

Beheizt wird das Gebäude künftig über eine Fußbodenheizung mit Fernwärme aus einer Hackschnitzelanlage. Davor wird es gedämmt, am Dach wird es Begrünung und Photovoltaik geben. „Bevor die konkreten Pläne von uns erstellt wurden, wurden neben den statischen Prüfungen auch Windmessungen durchgeführt. Essenziell für ein Gebäude dieser Höhe. So haben wir die Balkone mehr oder weniger ausgekragt eingeplant“, beschreibt Johannes Pesendorfer. Im Herbst 2023 sollen die Bauarbeiten beginnen.

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Auf den Balkonen wird es auch Platz für Bepflanzungen geben 

Gearbeitet wird von unten nach oben. Dabei bleiben die alten, betonierten Kammern, die senkrecht verlaufen, erhalten. Vom Erdgeschoß aufwärts werden Zwischendecken aus Beton eingezogen.

Betreiber für Rooftop-Restaurant gesucht

Elf Etagen mit rund 4.100 m2 Nutzfläche werden es schlussendlich sein – mit insgesamt 59 Wohnungen, davon sechs Maisonetten und zwei Dachgeschoßwohnungen mit Galerieebenen. Für die Fenster und das Öffnen der Zwischenwände sind eine Menge Betonschneidearbeiten erforderlich. Geht es nach den Wünschen der Gemeinde, soll es auch ein Rooftop-Restaurant geben. Dafür muss allerdings erst ein Betreiber gefunden werden.

STIX + Partner

Der leer stehende Getreidesilo in Bernhardsthal wird von STIX + Partner zu einem modernen Dorfquartier entwickelt

Lagerhaus wird Dorfquartier

Im Weinviertler Bernhardsthal soll ein leer stehender Getreidesilo ebenfalls zum modernen Dorfquartier umgebaut werden. Mit dem Projekt „LandMark“, geplant von Holzbauer & Partner Architekten, möchte Projektentwickler Reinhard Stix der voranschreitenden Zersiedelung in Bernhardsthal, einer 1.600-Einwohner-Gemeinde im Bezirk Mistelbach, entgegenwirken.

Das weithin sichtbare, ehemalige Lagerhaus aus den 1930er-Jahren, das ebenfalls bereits lange ungenutzt ist, wird nun zu modernem Wohnraum umgebaut. Insgesamt entstehen direkt im Ortszentrum 24 Wohnungen, ergänzt durch vier Reihenhäuser mit begrünten Flachdächern. Eine großzügige Verglasung soll für eine offene Raumatmosphäre sorgen.

Janusch - the visual collective

In Bernhardsthal (NÖ) entsteht rund um den alten Getreidesilo ein neues Wohnquartier

Die Miet- und Eigentumswohnungen werden mit einer Soleluftwärmepumpe sowie Photovoltaik geheizt bzw. teilweise auch gekühlt. Die Erdgeschoßzone soll durch Gemeinschaftsräume, etwa für die kulturelle Nutzung, und Geschäftsflächen wie Co-Working-Spaces belebt werden.

Gedesag

In Markersdorf baut die Gemeinde gemeinsam mit der gemeinnützigen Gedesag ein neues Ortszentrum, der alte Lagerhausturm wird integriert  

 

Turm als Gemeindehaus

In Markersdorf-Haindorf – rund 15 Kilometer westlich von St. Pölten – wird ein vor Kurzem aufgelassener Lagerhausturm in das neu geschaffene Ortszentrum integriert. Künftig soll der markante Turm als Gemeindehaus dienen. Im Erdgeschoß und im 1. Obergeschoß sowie im seitlichen Anbau befindet sich künftig die Gemeindeverwaltung. Sonstige Gemeindeeinrichtungen wie Bibliothek und ein Trauungssaal im 6. Stock ergänzen das Angebot.

„Der Turm musste zur angestrebten Nutzung zur Gänze entkernt werden“, erzählt Günter Russegger, Projektverantwortlicher bei der Gedesag. „Es wurden von oben nach unten sämtliche Decken und kammerbildende, vertikale Trennwände heraus geschnitten. Eine weitere besondere Anforderung war die statische Sicherung der Bausubstanz im Zuge der Abbrucharbeiten. Zu diesem Zweck mussten geschoßweise spezielle Aussteifungsriegel mit Spindelstreben angeordnet werden.“

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