Sie wollen, dass Ihr Haus oder Ihre Wohnung in die gewünschten Hände kommt? Notar Ulrich Voit erklärt, welche Möglichkeiten es gibt, eine Immobilie weiterzugeben - im Interview und im Kurzvideo.
Niemand beschäftigt sich gerne mit dem Tod. Manche schieben dieses Thema ewig von sich weg, andere kümmern sich um das Danach. Schließlich soll der letzte Wille auch umgesetzt werden – die geliebten Menschen versorgt und das Erbe gerecht verteilt sein. Da Immobilien in der Regel einen hohen Wert darstellen, sollen sie meist in der Familie bleiben. Der KURIER hat bei Notar Ulrich Voit nachgefragt, was beim Vererben von Immobilien zu beachten ist.
KURIER: Herr Voit, wie kann man eine Immobilie in Österreich vererben?
Ulrich Voit: Wenn es kein Testament gibt, wird in der Regel eine Immobilie mit der gesetzlichen Erbfolge vererbt. Laut dieser erhält der Ehepartner bzw. der eingetragene Lebenspartner ein Drittel des Vermögens und die Kinder zwei Drittel. Gibt es keinen Partner, dann erben die Kinder zu 100 Prozent – nach Köpfen geteilt. Gibt es keine Kinder, ist der Partner der Alleinerbe. Wenn man davon abweichen möchte, dann muss man ein Testament errichten.
Kann man seinem Partner alleine – auch wenn es Kinder gibt – die gemeinsam bewohnte Immobilie vererben?
Man kann seiner Frau/seinem Mann die Immobilie alleine übergeben, dann hat diese Person die volle Verfügungsmacht über die Immobilie. Ein Drittel würde den Kindern dann als Pflichtteil zur Verfügung stehen. Das heißt, sie haben einen Geldanspruch. Wenn ich keine Kinder und keine Ehepartner bzw. eingetragene Partner habe, kann ich alle anderen gesetzlichen Erben wie Geschwister, Eltern, Nichten, Neffen etc. mit einem Testament von der Erbfolge ausschließen.
Wann ist der richtige Zeitpunkt, ein Testament zu erstellen?
Wenn eine Veränderung in der Lebenssituation eintritt, dann sollte man genauer hinschauen und eine Bewertung durchführen. Das ist eine Ehe, ein Kind, eine neue Partnerschaft, das Ableben eines Ehepartners, aber auch der Kauf einer Immobilie. Ein Beispiel: Kinder schließen Lebensgefährten vom Erbrecht aus. Wenn ich also dem Lebensgefährten eine Immobilie vererben möchte bzw. die Person absichern möchte, muss ich das im Testament festhalten. Sonst muss sie ein Jahr nach meinem Todestag ausziehen.
Kann man Ehepartner oder Kinder vom Pflichtteil ausnehmen?
Nur, wenn sich diese etwas Schweres zu Schulden haben kommen lassen, kann der Pflichtteil gänzlich entzogen werden.
Vererben oder Schenken: Was ist die bessere Lösung?
Hier spielt der Notar eine wichtige Rolle. Unsere Aufgabe ist es, alle Möglichkeiten nebeneinanderzustellen und dadurch eine Entscheidungsgrundlage für den Willen der Menschen zu ermöglichen. In den allermeisten Fällen kommt man zur richtigen Entscheidung.
Wenn die Immobilie in der Familie bleiben soll, ist es meistens besser, sie vorab zu verschenken. Dann weiß der Beschenkte auch Bescheid und kann sich darauf einstellen, was ihn in Zukunft erwarten wird. Gerade unter Geschwistern verzichtet einer vielleicht gerne auf die Immobilie, weil sie eine finanzielle, aber auch eine handwerkliche Belastung wäre. In jedem Fall sollte vermieden werden, dass Immobilien aus erbrechtlichen oder steuerlichen Gründen verkauft werden müssen.
Kann ich über meinen Tod hinaus festlegen, was mit der Immobilie passieren soll?
Zum Teil ja. Wenn meine Kinder sich nicht einig sind, was damit geschehen soll, kann ich im Testament zum Beispiel anordnen, dass meine Immobilie verkauft wird. Diese soll geschätzt werden und dann über einen Makler von meinem Testamentsvollstrecker veräußert werden und der Erlös an meine Erben ausgezahlt werden.
Ich kann auch ein Verkaufsverbot anordnen. Das muss sich ein Pflichtteilberechtigter aber eher nur dann gefallen lassen, wenn er etwa Mieteinnahmen lukrieren kann. Pflichtteilsberechtigte haben nämlich einen Geldanspruch.
Kann man eine Schenkung rückgängig machen?
Man kann sie nicht einseitig rückgängig machen. Man kann in einem Schenkungsvertrag aber auch für so manches Szenario Vorsorge treffen. Ein Beispiel: Die Eltern haben der Tochter ein Haus geschenkt. Die kinderlose Tochter verstirbt vor den Eltern. Wollen die Eltern, dass die Immobilie im Familienbesitz bleibt und nicht eventuell an den Schwiegersohn fällt, müssen sie das im Vertrag mithilfe einer auflösenden Bedingung/Rückfallklausel festhalten.
Darf man in einer verschenkten Immobilie weiterhin wohnen?
Ja, wenn man sich im Zuge der Schenkung als Geschenkgeber ein (Wohnungs-)Gebrauchsrecht oder ein Fruchtgenussrecht einräumen und im Grundbuch eintragen lässt. Die Immobilie darf vom Beschenkten nicht veräußert oder belastet werden. Das Fruchtgenussrecht ermöglicht auch das Lukrieren von Mieteinnahmen.
Was mache ich als Erbe, wenn eine Belastung auf der Immobilie ist?
Das wird auf die Höhe der Belastung und den Wert der Immobilie ankommen. Es ist also eine rein mathematische Überlegung. Es gibt aber die Möglichkeit, bevor man die Erbschaft antritt, eine Bewertung zu veranlassen. Wenn man zu dem Schluss kommt, dass es eine zu große Bürde ist, kann man die Erbschaft auch ablehnen. Darüber braucht ein Erbe aber nicht sofort entscheiden. Je nach Komplexität des Falles hat er bis zu einem Jahr Zeit, eine Erbantrittserklärung abzugeben.
Was passiert, wenn sich die Erben gegenseitig nicht auszahlen können?
Dann wird die Immobilie verkauft werden müssen. Eine Immobilie aus der Verlassenschaft heraus zu verkaufen, hat übrigens steuerliche Vorteile. Es fällt für die Erben nämlich keine Grunderwerbssteuer und keine Gebühr für die Eintragung ins Grundbuch an.