Kritik an Stellplatzverpflichtung im Wohnungsneubau

Die Stellplatzverordnungen der Länder seien überholt, kritisieren Experten. Die Bequemlichkeit, mit dem Auto zu fahren, werde gefördert.

Wenn Bauträger in Österreich ein neues Wohnhaus errichten, müssen sie für die künftigen Bewohner auch Stellplätze schaffen. Experten kritisieren, dass dies nicht mehr zeitgemäß sei. Schließlich gehe es heute um den Klimaschutz und eine Stärkung des öffentlichen Verkehrs. Die Zahl der Stellplätze wird von den Landesregierungen nach der Anzahl der Wohneinheiten vorgeschrieben. Die Gemeinden haben zum Teil den Spielraum, von diesen Vorgaben leicht abzuweichen.

Fördert Bequemlichkeit

Mit der Stellplatzverordnung begünstigt man den Individualverkehr gegenüber dem öffentlichen Verkehr, so Harald Frey vom Institut für Verkehrswissenschaften der TU Wien: „Eine 400 Meter entfernte Haltestelle weist im durchschnittlichen städtischen Umfeld weniger als 20 Prozent Attraktivität im Vergleich zu einem Stellplatz in der Tiefgarage, im Haus oder vor dem Haus auf.“ Ist ein Stellplatz verfügbar und leicht erreichbar, fahren die Menschen auch entlang von Strecken mit gut ausgebautem öffentlichen Verkehr vorzugsweise mit dem privaten Pkw.

Getty Images/iStockphoto/ipopba/iStockphoto

Viel Grünland versiegelt

Der Experte kritisierte außerdem, dass überall gleich viele Stellplätze gebaut werden müssen, egal ob es eine gute Anbindung gibt oder nicht. „Wir bauen am Bedarf vorbei“, so Frey. Gleichzeitig wird durch die Stellplätze zu viel Grünland versiegelt. „Wir verbauen in Österreich für Infrastruktur und Bauland primär die fruchtbarste Böden des Landes“, sagt Johannes Tintner-Olifiers vom Institut für Statistik der BOKU Wien.

Ausgleichsabgaben 

Außerdem sind finanzielle „Ausgleichsabgaben“ fällig, wenn die geforderte Anzahl an Stellplätzen nicht errichtet werden kann, so Birgit Hollaus vom Institut für Recht und Governance der WU Wien. Sie würden jedoch in der Regel dazu verwendet, anderswo ersatzweise Parkflächen zu betonieren. Etwa in Niederösterreich und Wien könne man damit aber auch den öffentlichen Verkehr fördern. „Auf diese Weise kann die Ausgleichsabgabe zu einer Ökologisierung des lokalen Verkehrs beitragen.

Wohnen
Gewerbe