Krematorium Wien neu: Architektur für die stillen Momente

Das Krematorium in Wien-Simmering wurde erweitert. Die Architekten Harald Kloiber und Christian Tabernig haben einen Ort kreiert für die stillen Momente der Trauer.

Nach zwei Jahren Bauzeit wurde vor Kurzem das neue Krematorium der Friedhöfe Wien in Simmering eröffnet. Der Zubau wurde notwendig, weil in den letzten Jahren der Anteil an Feuerbestattungen in Wien zunahm.

Abschied

Das erweiterte Krematorium bietet eine helle Verabschiedungshalle, Platz für Agapen und einen stilvoll eingerichteten Raum zur Abschiednahme im engsten Familienkreis direkt am Feuer. Alle Bereiche sind in den architektonisch ansprechenden Erweiterungsbau eingebettet und barrierefrei erreichbar. Videowalls ermöglichen emotionale Rückblicke auf das Leben der Verstorbenen sowie Livestreamings für jene, die nicht persönlich Abschied nehmen können.

Tobias Holzer

Sichtbeton dominiert den Zubau des Krematoriums

Architektur

Die Erweiterung zu Clemens Holzmeisters Feuerhalle wurde von den Architekten Harald Kloiber und Christian Tabernig von projektCC zt gmbh in Graz geplant. Christian Tabernig beschreibt das architektonische Konzept: „Differenzierte Vor- und Rücksprünge sowie die ausgewogene Höhenstaffelung gliedern das Erweiterungsbauwerk und beziehen sich auf den Bestand. Im tageslichtdurchfluteten Verabschiedungsraum erzeugen die Ausblicke in die Natur und das mit Licht inszenierte Faltwerk als Dachkonstruktion eine von Dezenz und Sensibilität geprägte Raumwahrnehmung.“

Freibereich

Zwischen der bestehenden Feuerhalle und der Erweiterung spannt sich ein intimer Hof auf. Er wirkt gleichsam trennend wie verbindend zwischen Bestand und Neubau und ist als geschützter Freibereich auch den Trauernden zugänglich, zum Durchatmen, für individuelle Trauer und Distanz. Auch hier wurden bewusst Gestaltungsmittel eingesetzt, die auf den Zusammenhang zwischen Bestand und Vergänglichkeit hindeuten.

© paul ott photografiert

Im Innenhof entstand ein Freibereich für individuelle Trauer

 

Reduktion

Die Reduktion der Materialität auf Leichtbeton ist eine an den historischen Bestand angelehnte, jedoch zeitgenössisch e Form der monolithischen Bauweise und erzeugt eine sinnliche Ästhetik. „Der haptischen Wirkung und Erscheinungsform des rohen Materials kann man sich nicht entziehen, es stimuliert die Wahrnehmung“, so der Architekt. Die kompakte Bauweise trägt zudem wesentlich zur hohen Energieeffizienz des Erweiterungsbauwerks bei.

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