Covid-19 hat Büroflächenvermietern schlechte Zahlen im ersten Halbjahr 2020 beschert
80.000 Mitarbeiter will der japanische Technologiekonzern Fujitsu künftig im Homeoffice beschäftigen. Der IT-Konzern gibt bis März 2023 die Hälfte seiner Büroflächen auf und nennt das Konzept „Work Life Shift“. Es sei „die neue Normalität“, die sich aus der Coronavirus-Pandemie ergibt.
"Homeoffice ist salonfähig"
Auch hierzulande haben die Entwicklungen der vergangenen Monate eine Diskussion um das Homeoffice und gemietete Büroflächen ausgelöst. Christian Traunfellner von der Immofinanz erklärt: „Die Unternehmen haben bemerkt, dass das Homeoffice funktioniert – es ist salonfähig geworden.“
Und obwohl es sich in Österreich nicht zu einer Dauerlösung entwickeln werde, so der Experte, mieten Unternehmen zukünftig wahrscheinlich nicht mehr 100 Tische für 100 Mitarbeiter. Denn: „Zum modernen Arbeiten gehört, dass nicht jeder von neun bis fünf im Büro sitzt.“
Kurzfristige und kurzeitige Mieten
Flexibilität ist zur Kernkompetenz von Arbeitsplätzen geworden. Laut Traunfellner betrifft das die Dauer von Mietverträgen genauso wie die kurzfristige und stundenweise Nutzung kleinerer Büros. Dafür arbeitet die Immofinanz an einer Erweiterung der App myhive. Mit dieser können Unternehmen ab September kurzfristig Einzeltische und kleine Büros buchen.
Nachfrage verhalten
Die Nachfrage am Büromarkt hat in diesem Jahr schon vor den Corona-Maßnahmen verhalten begonnen. Stefan Wernhart von EHL Immobilien: „2019 wurden nur insgesamt 45.000 Quadratmeter Bürofläche fertiggestellt. 2018 waren es noch 280.000 Quadratmeter.
Daher war das Angebot zu Jahresbeginn gering und es gab nicht allzu viele Mietabschlüsse.“ Konkret wurde im ersten Halbjahr 2020 50.000 Quadratmeter vermietet, nach 119.000 im Jahr 2019 und 122.000 Quadratmeter im Jahr 2018.
Von den160.000 Quadratmetern, die heuer zusätzlich auf den Markt kommen, werden aber kaum Flächen leer bleiben, laut EHL sind bereits 70 Prozent vorvermietet. Wernhart: „Die Leerstandsrate wird also trotz der schwierigen wirtschaftlichen Situation auf dem niedrigen Niveau von rund 4,7 Prozent bleiben.“
Büros über ganz Wien verteilt
Auffällig ist auch die breite Streuung der Flächenproduktion. Diese zieht sich vor allem auf dem Wiener Büromarkt durch die gesamte Stadt vom Flughafen über den Hauptbahnhof und den Wienerberg bis in zentrale Lagen.
Nichtsdestotrotz haben derzeit viele Kunden Anfragen still gelegt oder ins dritte und vierte Quartal verschoben. Bezüglich der Suchkriterien erkennt auch Wernhart eine „neue Normalität“ der Unternehmen.
Diese sieht aber etwas anders aus, als die vom IT-Konzern Fujitsu: „Unsere Kunden bewerten derzeit neu, wie viel Fläche sie tatsächlich benötigen.“ Einerseits arbeiten mehr Mitarbeiter im Homeoffice, andererseits müssen in Büros neue Abstände eingehalten werden. Laut Weinhart werden Firmen aufgrund dieser Änderungen neue Flächen suchen, sobald sich die wirtschaftliche Unsicherheit gelegt hat.
Diese Einschätzung teilt Steven Bill Scheffler, Büroimmobilienexperte bei Otto Immobilien. Auch er wertet derzeit die Zahlen der Vermietungsleistung des zweiten Quartals aus: „Obwohl von April bis Juni weniger Vermietungen als in Vergleichszeiträumen der vergangenen vier Jahre verbucht worden sind, haben sich die Zahlen des ersten Quartals im zweiten verdoppelt – wir sind mit einem blauen Auge davongekommen.“
Dass das Homeoffice negative Auswirkungen auf die Flächennutzung der Büros hat, glaubt Scheffler nicht. Stattdessen werden vermehrt Kommunikations- und Gemeinschaftsflächen sowie platzintensivere Belegungskonzepte gefragt sein.
Büro wird bleiben
Das klassische Büro wird nicht aussterben, davon ist Scheffler überzeugt: „Aber es wird nicht so bleiben, wie wir es bisher gelebt haben.“ Denn: Bis vor einigen Wochen musste der Arbeitsplatz alles können.
Dieser Ansatz wurde durch das aufgezwungene Homeoffice aufgelöst. „Das Büro ist kein Ort, an dem Mitarbeiter To-Do’s abarbeiten, sondern einer, an dem kritische und kreative Diskussionen stattfinden. Das passiert in Videokonferenzen nämlich nicht.“