Experten beantworten Ihre Leserfragen am KURIER-Telefon aber auch weiterhin per e-Mail an immo@kurier.at Diesmal: Karin Sammer – Rechtsexpertin des ÖVI
ENTSCHEIDUNGSFINDUNG
Einige Wohnungseigentümer sind nicht bereit, sich an den Kosten für die Beauftragung eines Sachverständigen, der ein Sanierungskonzepts punkto Energieeffizienzmaßnahmen erstellen soll, mitzuzahlen. Wer entscheidet?
Im Wohnungseigentum binden rechtswirksame Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft über Verwaltungsmaßnahmen grundsätzlich auch die überstimmte Minderheit. Über die Beauftragung eines Sanierungskonzepts kann der bestellte Verwalter unter bestimmten Voraussetzungen auch autonom entscheiden. Dies gilt auch für die Einholung eines Gutachtens, sofern die Einholung eines solchen zweckmäßig und wirtschaftlich gerechtfertigt erscheint. Dafür ist es ausreichend, wenn seitens eines beachtlichen Teils der Wohnungseigentümer ein präsentes und dokumentiertes Interesse besteht. Sprechen diese Umstände für die Einholung eines Sachverständigengutachtens, dann sind die dafür auflaufenden Kosten von der Eigentümergemeinschaft zu tragen.
ERHALTUNG
Ich bin Mieter in einem Haus, das von Rissen durchzogen ist, der Eingangsbereich senkt sich ab. Laut Vermieter wird das Haus erst saniert, wenn die Erdbewegungen enden. Was kann ich tun?
Der Vermieter muss das Haus in einem ordnungsgemäßen Zustand erhalten und erhebliche Gefahren für die Gesundheit der Bewohner beseitigen. Im Inneren des Mietgegenstandes ist die Erhaltungspflicht des Vermieters auf die Behebung „ernster“ Schäden beschränkt. Arbeiten, die der Behebung von Baugebrechen dienen, die die Sicherheit von Personen oder Sachen gefährden, gelten als privilegiert. Sie sind ohne Rücksicht auf die Wirtschaftlichkeit oder Finanzierbarkeit vorzunehmen. Die Decke zwischen den Geschoßen ist allgemeiner Teil des Hauses und unterliegt der Erhaltungspflicht des Vermieters im ortsüblichen Standard, selbst dann, wenn kein ernster Schaden des Gebäudes vorliegt. In der Judikatur wurden Setzungsrisse als ernster Schaden qualifiziert. Sie können zur Durchsetzung Ihrer Ansprüche einen Antrag bei der Schlichtungsstelle auf Durchführung notwendiger Erhaltungsarbeiten stellen.
BESCHLUSSFASSUNG
Wir Wohnungseigentümer verwalten uns selbst. Eine Reparatur des Liftmotors soll beschlossen werden. Wie durchsetzen?
Ist kein Verwalter bestellt, entscheidet im Wohnungseigentum für Erhaltungs- und Verbesserungsmaßnahmen an allgemeinen Teilen die Mehrheit der Eigentümer. Die WEG-Novelle 2022 hat Änderungen bei der Ermittlung der Mehrheit gebracht: Eine Mehrheit ist erreicht, wenn sich eine absolute Mehrheit für eine Maßnahme ausspricht. Wird keine absolute Mehrheit erreicht, sprechen sich aber zumindest zwei Drittel der „abgegebenen Stimmen“ für eine Maßnahme aus, ist von einer Mehrheit auszugehen – vorausgesetzt, die 2/3 Mehrheit repräsentiert zumindest ein Drittel aller Miteigentumsanteile. Nur wer sich an der Abstimmung beteiligt, dessen Anteile werden gezählt. Bei der Beschlussfassung muss auf das neue Prozedere hingewiesen werden, ein Verstoß stellt einen formellen Mangel dar.