Engelbert Sampl, der letzte Fassbinder Salzburgs und einer der letzten in Österreich, produziert Gartenmöbel.
Zuerst werden die Dauben in den eisernen Aufsatzreifen gestellt, danach setzt Engelbert Sampl eine an die andere an, um schließlich die Hals- und Bauchreifen mit dem Hammer aufzutreiben. Präzise und beharrlich geht er dabei vor, bringt mit jedem Hammerschlag das neue Fass in die gewünschte Form. Muss ja nicht immer rund sein, das Ding. Denn in der Werkstatt des Fassbinders aus Unternberg im Lungau entstehen keine Weinfässer, vielmehr ein buntes Sammelsurium aus Holzbehältern, die für unterschiedliche Zwecke zum Einsatz kommen. Fleisch- und Krautbottiche, Blumentröge und Saunakübel, aber auch Holzbadewannen, Stehtische, Fasshocker, Weinregale oder diverse kleine Holzerzeugnisse wie Kegeln.
Engelbert Sampl ist heute einer der Letzten seiner Zunft. „Früher waren mindestens zwei bis drei Binder in einem Ort wie Unternberg tätig“, erzählt der 55-Jährige. „Es wurde ja alles aus Holz hergestellt: Wasserfässer, Bottiche, Surkübel, Butterfässer, Rührkübel – es gab keinen Haushalt in der ländlichen, bäuerlich geprägten Region, der nicht mindestens eines dieser Gebinde für Wasser, Milch und Milchprodukte, Sauerkraut oder Fleisch in Verwendung hatte. Ganz abgesehen von Weinfässern, die einst jede Fassbinderei in Handarbeit hergestellt hatte. Doch dann kamen die Kunststoffe auf den Markt – und die Fassbinder verschwanden allmählich aus dem Handwerker-Alltag. Heute sind in ganz Österreich nur noch etwa 40 Fassbinder gemeldet, aktiv tätig ist gerade mal ein Dutzend.
Engelbert Sampl, der die Werkstatt vor 25 Jahren von seinem Vater übernommen hat, vertritt mittlerweile die dritte Generation in diesem Familienbetrieb. Sein Großvater, der zuvor als Binder auf Stör bis nach Oberösterreich unterwegs war, hat sie 1936 eingerichtet. Davon zeugt ein altes Wanderbuch, das nun sein Enkel in Ehren hält. Aus dieser Zeit stammen auch einige der Werkzeuge, die nach wie vor im Einsatz sind. Auf einem vererbten Garbhobel, den Sampl immer noch verwendet, ist gar das Jahr 1688 vermerkt. Mit der Fassbinderei allein wäre auch der Betrieb von Engelbert Sampl nicht ausgelastet. Deshalb arbeitet er mit regionalen Firmen zusammen, die regelmäßig Stiegen-Sprossen oder Schaffeln und Mühlenräder für Wasserspielplätze bei ihm bestellen.
Und auch Gartenbesitzer, die handgearbeitete, hochwertige und robuste Möbel suchen, werden bei Sampl fündig: Tische und Sitzgarnituren, Hollywoodschaukel, Relaxliegen, Hot Tubs, Brunnentröge und Pflanzenkübel entstehen ebenfalls in seiner Werkstatt. Lager existiert keines, alle Aufträge werden für die Kunden maßgetischlert bzw. maßgebunden. „Das wird eine Holzbadewanne, die auf eine Almhütte ziehen darf“, zeigt Sampl auf ein ovales Gebinde. „Das dort sind zwei Gartenliegen, die für eine Dachterrasse in Wien bestimmt sind, und da im Eck stehen die neuesten Bottiche in unterschiedlichen Größen.
Der Holzduft und die genaue, detailverliebte Handarbeit ist jedenfalls überall sicht- und spürbar. „Auch ein Fassbinder muss mit dem Markt gehen“, sagt der dreifache Vater, der nebenher auch noch Land- und Forstwirt ist. Eine unentbehrliche Existenzgrundlage der Familie. „Heute muss man nicht nur Fassbinder oder Tischler sein, sondern ein guter Handwerker.“ In Zeiten von Umweltschutz und Nachhaltigkeit blickt der Bindermeister immerhin optimistisch in die Zukunft. Seine Produkte, vor allem aus heimischem Lärchenholz und aus Eisen gefertigt, sind nicht nur langlebig und belastbar, sondern auch biologisch abbaubar oder wiederverwertbar. Vom naturnahen Werkstoff Holz gelangen überdies keine Weichmacher oder andere Problemstoffe in die eingelagerten Lebensmittel, und von der Hygiene her ist Holz durchaus gleichwertig mit Kunststoff. „Manchmal bringt jemand ein altes Gebinde zur Reparatur vorbei“, erzählt Sampl mit Freude. „Das allein ist ein Beweis für die Langlebigkeit der Produkte.“
Trotz vieler Hürden der modernen Welt hat Engelbert Sampl die Wahl seines Berufes nie bereut. Ganz im Gegenteil. Die Liebe zu seinem Handwerk lebt der Lungauer der nächsten Generation als One-Man-Show tagtäglich vor. Und das offenbar erfolgreich. Denn auch Engelberts Sohn David will dem Handwerk seines Vaters und der gemeinsamen Vorfahren treu bleiben. „Er absolviert derzeit eine Tischlerlehre und will danach sicher auch Fassbinden. Ich selbst bin wiederum gelernter Fassbinder und mache viele Tischlerarbeiten. Das ergänzt sich sehr gut.“ Die Familientradition wird also fortbestehen, und Salzburg weiterhin ein Bundesland bleiben, in dem die Kunst der Fassbinderei noch ausgeübt wird. - Susanna Pikhart