Wie man mit Licht Stimmungen erzeugt und was einen Lichtplaner macht, erklärt die Expertin Veronika Mayerböck.
Jeder Raum ist anders in seinem Wesen und eine individuelle Lichtplanung trägt dazu bei, das Wesentliche des Raums, seine Ecken und Kanten, seine Weiten und Limitierungen herauszuarbeiten. Das sagt die Architektin und Lichtplanerin Veronika Mayerböck. Wir treffen sie im Café Dommayer zum Interview, um über die Rolle von Licht und seinen Möglichkeiten zu sprechen.
KURIER: Als Sie das Café gerade betreten haben, viel da Ihr Blick auch auf die Lichtsetzung im Raum?
Veronika Mayerböck: Ja, tatsächlich. Das Tageslicht mit dem Sonnenschutz vor dem Fenster ist angenehm und reflektiert nicht. Das zusätzliche Kunstlicht verhindert, dass die tiefer im Raum liegenden Bereiche zu dunkel wirken, die vielen Luster setzen durch die lichtbrechenden Kristalle angenehme Akzente und werten den Raum optisch auf.
Worauf richtet sich zuerst Ihr Fokus in Ihrer Arbeit mit Licht?Der richtet sich darauf, was schon vorhanden ist. Wo sind welche Räume? Gibt es bereits eine Einrichtung oder nicht? Licht hat sehr viel mit der Bespielung eines Raumes und dessen Benutzung zu tun. Licht begleitet uns in unseren Handlungen, in unserer Choreografie des Alltags. Man erzeugt Stimmungen damit. Braucht man am Esstisch viel Licht, weil oft Gäste zu Besuch sind? Mag man es abends eher hell oder eher dunkel und gemütlich?
Lichtsetzung spielt dennoch oft eine untergeordnete Rolle. Das Design überwiegt. Warum ist das so? Der Beruf des Lichtplaners ist ein vergleichsweise recht junges Berufsbild, das sehr stark mit der Entwicklungsgeschichte der Leuchtentechnologie verknüpft ist. Vor allem durch die Entwicklungen im LED-Bereich ist heute mehr Planungskompetenz notwendig, da diese Technologie viele neue Möglichkeiten bietet und mehr Fachwissen verlangt. Dann ist es auch immer eine Sache des Marktes, ob Lichtplanung ihren eigenständigen Platz im Bauprozess hat. Oft dominieren hier noch die Elektriker, die das Licht einfach mitmachen. Das mag als rein funktionelle Planung im Einzelfall durchaus ausreichen, aber berücksichtigt nicht alle Feinheiten der Lichtplanung.
Wer leistet sich einen Lichtplaner? Hotels, Museen, Kunstinstitutionen, aber auch Private, die Licht und dessen Möglichkeiten besonders wertschätzen. Privat wenden sich auch viele an den Leuchtenhersteller, der die Planung mitmacht. Diese fokussiert jedoch dann nur in einem bestimmten Produktsegment.
Welches Licht eignet sich für welchen Raum? Das kommt darauf an, was man in dem Raum machen will. Bei einer offenen Küche mit Essbereich ist beispielsweise wichtig, dass es ein gleichmäßiges und gut verteiltes Licht auf den Arbeitsflächen gibt. Zusätzlich sorgt eine Unterleuchtung in den Hängeschränken und eine Zusatzbeleuchtung in den Geschirrschränken für eine gute Ausleuchtung. Wichtig ist, dass man das Licht bei Bedarf aber auch reduzieren kann. Wenn Gäste am Abend kommen, sollte die Möglichkeit bestehen, eine intime Stimmung zu erzeugen. Beim Essen brauche ich auch kein kalt-weißes Licht. Sondern ein warmes. Im Schlafzimmer gibt es meist den Lesemodus oder eine komplette Raumausleuchtung. Im Badezimmer ist warm-weißes Licht von Vorteil, etwas Hautschmeichelndes. Außer man möchte jedes Detail auf der Haut sehen. Wichtig im Badbereich ist auch die Feuchtraumtauglichkeit der Leuchten. Akzente setzen, variieren, Stimmungen erzeugen, das sollte Licht im privaten Bereich können.
Was kann Licht alles bewirken?
Bild: Die Lichtinstallation „Kaamos Aurinko“ im renommierten ICEHOTEL, Jukkasväri Schweden, von Mayerböck.
Licht kann das Wesentliche des Raumes hervorheben. Mein Motto lautet: Schöner leuchten kostet extra (lacht). Ich vergleiche den Lichtplaner mit einem Maler. Man hat eine Grundierung, in dem Fall die Architektur, und mit Licht setzt man die Highlights. Dabei entscheidet man, wie ein Raum wirken soll. Ob er feudal und voluminös wirkt oder klein und kuschelig. Und dann setzt man das Licht entsprechend. Im Museumsbereich sieht man sehr gut, wie mächtig Licht ist. Ob der ganze Raum wirkt oder nur ein einzelnes Bild.
Wie trägt das richtige Licht zum Wohlbefinden bei?
Im Privatbereich sollte es der eigenen Stimmung und dem Tagesrhythmus entsprechen. Licht unterstützt, wenn man aktiv ist und ordnet sich unter, wenn man selbst zur Ruhe kommen möchte. Passt das Licht zur Stimmung trägt es zum Wohlbefinden bei.
Wo setzt man bei der Lichtplanung an? Beim Rohbau oder erst, wenn die Einrichtung steht?
Ideal wäre es, wenn der Lichtplaner von Anfang an mit einbezogen wird. Im privaten Bereich wird man meist hinzugezogen, wenn das Gros der Raumplanung bereits steht. Die Verknüpfung von Architektur und Licht finde ich sehr wichtig, vor allem Architekten bereits im Rahmen der Ausbildung mehr Wissen zum Thema Licht zu vermitteln.
Was kann man selbst tun, um seine Wohnung lichtvoller zu gestalten?
Man kann eine Aufmerksamkeit für die Lichtplanung entwickeln. Man schaut ja immer zuerst auf die Leuchte und das Design. Und denkt sich: Wow, die passt ja super über meinen Esstisch. Aber reicht das Licht überhaupt aus für meine Bedürfnisse? Jeder kann ein Gespür dafür entwickeln, wie Licht wirkt. Ist es indirekt oder direkt? Macht es nur einen kleinen Spot oder strahlt es breiter aus? Oder blendet es mich gar, sodass es mich nervt? Wir sollten damit beginnen, hinter das Design zu schauen. Ich empfehle, einfach in einen Schauraum von einem Leuchtenhersteller zu gehen und sich beraten zu lassen. Ideen sammeln und schauen, welche Möglichkeiten es gibt und was sie kosten.
Welche Trends gibt es bei der Lichtplanung?
Der Trend geht zu Miniaturisierung. Die Leuchten werden immer kleiner und damit kann man elegante Lösungen anbieten. Gleichzeitig werden die LEDs immer leistungsstärker. Man kann somit auch mit kleinen Lichtpunkten eine starke Ausleuchtung erreichen. Zudem werden Leuchten smarter, sie sammeln Informationen über den Raum, können untereinander drahtlos kommunizieren, sodass man per App Farben und Helligkeit steuern oder Szenen programmieren kann. Mittlerweile geht es nicht mehr nur um drahtlose Lichtsteuerungen. Licht wird auch benutzt, um Informationen über Position, Raumtemperatur oder Bildbeschreibungen mitzuschicken. So gibt es zum Beispiel Leitsysteme in Kombination mit bestimmten Apps im Museumsbereich für Touristen oder Sehbehinderte. - Claudia Weber