Das haben die Met, ein steirisches Schloss und das Mak gemeinsam

Die Glaskunst von von J. & L. Lobmeyr begeistert seit 200 Jahren von Wien bis nach New York. Alice Stori Liechtenstein erklärt, warum das so ist.

„Oft werden Ausstellungen nur in der Retrospektive abgehalten. Zweihundert Jahre Lobmeyr wollte ich aber vollkommen anders angehen: Die Vergangenheit immer im Kontext mit der Gegenwart und auch mit der Zukunft. Denn die Geschichte von J. & L. Lobmeyr hört ja nicht heute auf, sie wird jeden Tag weiter geschrieben“, erzählt Alice Stori Liechtenstein, während unseres Besuches in ihrem prächtigen Zuhause: Schloss Hollenegg in der Weststeiermark.

KURIER/Jeff Mangione

Die Kunstkuratorin hat sich für die AusstellungGlanz und Glamour - 200 Jahre Lobmeyr im Wiener Museum für angewandte Kunst (MAK) intensiv mit dem Traditionsunternehmen beschäftigt. Die Aufgabe kam heuer zufällig doppelt gelegen, denn die Schlossherrin war durch ihre eigene Ausstellung „Ashes and Sand“ bereits mit dem Material Glas vertraut. „Ich habe viel gelernt und meine Ehrfurcht vor dem Material und dem Handwerk ist enorm. Zum Beispiel habe ich gelernt, dass jeder Glasbläser seine eigene Rezeptur hat, die ist meist streng geheim. Je nachdem, welcher Sand verwendet wird, ändert sich die Farbe oder der Zustand des Glases.“ so Alice Stori Liechtenstein und zeigt auf besondere Exponate, wie das grüne Waldglas von Christian & Jade, das aus dem Sand der Koralm-Tunnel Grabung entstand. Oder die „Sieben Pokale der Menschlichkeit“, die von Nives Widauer gravierten Lobmeyr-Kristallgläser.

KURIER/Jeff Mangione

Nives Widauer für J. & L. Lobmeyr: Sieben Pokale der Menschlichkeit

„Glas kann geformt, geblasen, plattiert, gesintert, geschnitten, graviert, bemalt werden. Kein anderes Material verbindet Chemie, Technologie, Handwerk und Kunst so nahtlos, weshalb jeder Designer die Herausforderung annehmen sollte, herauszufinden, was mit Glas zu tun ist. “ schwärmt Liechtenstein beim Rundgang durch die bereits abgeschlossene Ausstellung. Jedes Jahr an den Mai-Wochenenden öffnen die Liechtensteins ihren privaten Landsitz für die Öffentlichkeit.

KURIER/Jeff Mangione

Zeitgenössisches Design von Talenten aus unterschiedlichen Ländern inmitten historischer Mauern, vor seidenbespannten Wänden und unter Kristall-Lüstern: Mit dieser Idee gründete Alice Stori Liechtenstein „Schloss Hollenegg for Design“, seit 2016 lädt sie einmal im Jahr junge Designer und Designerinnen zu sich nach Hause ein, um gemeinsam zu recherchieren, zu arbeiten, zu kreieren und dann auch der Öffentlichkeit zu zeigen.

Dabei fiel es der gebürtigen Italienerin anfangs gar nicht so leicht, sich im ländlichen Deutschlandsberg einzuleben: „Nicht nur die Sprache war zu Beginn ein Hindernis, auch die Umstellung vom urbanen zum ländlichen Leben machte mir Sorgen.“ Unbegründet, wie sich zeigt. Denn Liechtenstein holt sich das kreative Treiben der Stadt einfach ins Haus und bittet die Welt zu Gast.

KURIER/Jeff Mangione

Für die Ausstellung im Wiener MAK ging Gastkuratorin Liechtenstein auch auf die langjährige Beziehung zwischen J. & L. Lobmeyr mit dem Museum ein. „Ludwig Lobmeyr war Teil des Gründungsgedankens des Museums und diese fruchtbare Verbindung galt immer als Vorbildinstitution zum Zusammenwirken von Kunst und Industrie.“ erklärt Liechtenstein. Der vitale Austausch war einer der Bausteine für die Innovationskraft der Glasmacherdynastie, die mit virtuos ausgeführten, zeitlos eleganten Gläsern, Lustern und dekorativen Objekten eine besondere Position im Bereich der Glasarbeiten und des Kunstglases einnimmt.

J. & L. Lobmeyr

Hängt in der Metropolitan Opera in New York: Der als Met-Luster berühmte Entwurf von Hans-Harald Rath stammt aus dem Jahr 1963 und ist auch heute noch gefragt. Etwa werden gerade alle Tiffanys Filialen damit ausgestattet

Auch die aktuell tätige Generation der Familie, die Cousins Andreas, Leonid und Johannes Rath, tragen zwar die DNA des Unternehmens weiter, suchen aber stets nach Inputs von außen, nach kreativen Zugängen und frischen Ideen. Durch Kooperationen mit renommierten Entwerfern wie Sebastian Menschhorn, Polka oder Aldo Bakker gelingt Lobmeyr immer wieder eine zeitgemäße Interpretation von Glas.

© Leonhard Hilzensauer/MAK

Im Mak zu sehen: Deckelpokal von Carl Thomas, 1913; Trinkschale von  Lucy.D, 2001; Prunkvase, Hermann Herdtle, 1877; Vase, Michael Powolny, 1918  (von links)

Über 300 Objekte schlagen in der Ausstellung den Bogen von Formen des Historismus und Orientalismus des 19. Jahrhunderts bis zu Klassikern wie den Servicen und Objekten nach Entwurf von Josef Hoffmann, Adolf Loos, Oswald Haerdtl oder Stefan Rath, die bis heute in Produktion sind.

Die von Gastkuratorin Alice Stori Liechtenstein ausgewählten Exponate folgen keiner chronologischen Ordnung, sondern werden „intuitiv“ gruppiert und geordnet, mit einer gezielten Mischung von Stilen, Verarbeitungstechniken, Materialinnovationen und Designerinnen. „Mir ist es wichtig, dass die Besucher und Besucherinnen überrascht werden, dass sie zum denken angeregt werden und auch Bezüge zwischen den Objekten und zu historischen Details erkennen.“

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