Darf der Mehrheitseigentümer Allgemeinflächen für sich beanspruchen?

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Frage: Bei einem Gründerzeithaus soll Wohnungseigentum begründet werden. Dafür müssen die Nutzwerte der einzelnen Einheiten bewertet werden. Der Mehrheitseigentümer versucht, ohne vertragliche Grundlage weite Teile der Allgemeinflächen seinen Einheiten zuzuschlagen. Darf er das?

KURIER/Jeff Mangione,Fotografie Weinwurm,Kurier-montage

Notar Matthias Klein: "Grundsätzlich hängt es davon ab, ob die Festsetzung der Nutzwerte zum ersten Mal erfolgt, oder ob bestehende Nutzwerte geändert werden. Die erstmalige Festsetzung erfolgt durch ein Gutachten eines für Hochbau zuständigen Ziviltechnikers oder durch einen Sachverständigen für Hochbau und Immobilienwesen. Es sind hiebei alle eigentumstauglichen Objekte der Liegenschaft zu erfassen, nicht zu erfassen sind allerdings allgemeine Teile bzw. Allgemeinflächen der Liegenschaft (z. B. Stiegenhaus zu den Wohnungseigentumsobjekten). Die Neufestsetzung bzw. Änderung bestehender Nutzwerte erfolgt hingegen entweder durch das Gericht bzw. Schlichtungsstelle oder das Einvernehmen aller Wohnungseigentümer unter Zuhilfenahme eines neuen Nutzwertgutachtens. Abgesehen davon stehen Allgemeinflächen im Miteigentum aller Wohnungseigentümer und „ein Zuschlagen von Allgemeinflächen an die eigene Einheit“ wäre ohne vertraglicher Grundlage juristisch undenkbar, denn sämtliche Wohnungseigentümer müssen einer solchen Transaktion zustimmen – nicht die Eigentümergemeinschaft ist Eigentümerin der Allgemeinflächen, sondern alle Wohnungseigentümer."

 

 

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