Wiener Stadtplaner: „Anpassung an das Klima muss weitergehen"

Planungsdirektor Thomas Madreiter im Gespräch über vorausschauende Stadtplanung und generationenübergreifende Lösungen.

KURIER: Am 31. Dezember 2022 ist die Internationale Bauausstellung Wien (IBA) zu Ende gegangen. Was hat man aus der IBA gelernt?

Thomas Madreiter: Die IBA sehe ich als Plattform für Innovation. Es kam zum Erfahrungsaustausch, wir haben gesehen, was gut oder weniger gut funktioniert. Prozesse können optimiert und nachhaltige Entwicklungen in die Wege geleitet werden. Zum Beispiel muss die Anpassung an das Klima weitergehen.

Wie kann die Anpassung gelingen?

Zum Beispiel durch mehr Grün im öffentlichen Raum. Die Verdunstung von Bäumen und Sträuchern kühlt die Umgebung. Flache Dächer sind zu begrünen und mit Photovoltaik zu versehen. Zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung gehört aber auch Ressourcenschonung. Kreislaufwirtschaft wird wieder attraktiv. Sie ermöglicht, vernünftig und sparsam mit Ressourcen umzugehen.

Heißt das, auch Altes erhalten?

Auf jeden Fall. Hat man früher Gebäude bedenkenlos weggerissen, überlegt man heute eine sinnvolle Nutzung. Als gutes Beispiel möchte ich das Althan Quartier nennen. Die Qualität der Immobilie wurde erkannt, die Stahlbetonkonstruktion blieb erhalten, hunderte Lkw-Fahren wurden eingespart.

Wie weit in die Zukunft blicken die Verantwortlichen für Stadtentwicklung?

Eigentlich über Generationen. Als Beispiel dafür kann ich den Grüngürtel um Wien nennen, der seit Langem gesichert ist. In unserer Arbeit denken wir 20 bis 30 Jahre voraus. Wo soll etwas entstehen? Wie sieht die Infrastruktur aus? Was wird benötigt? Wohnungen, Bildungseinrichtungen, Parks. Wir haben dabei natürlich immer ein Auge auf die Bevölkerungsentwicklung.

Die Wiener werden immer älter. Was bedeutet das für die Stadtentwicklung?

In 20 bis 30 Jahren werden in Wien doppelt so viele hochbetagte Menschen (über 80 Jahre) leben. Da sie so lange wie möglich selbstbestimmt im eigenen Umfeld wohnen bleiben sollen, wird es neue Wohnformen geben. Wohngebäude mit kluger, altersgerechter Ausstattung, kleinere Einheiten, die flexibel sind. Da arbeiten wir auch intensiv mit dem Kuratorium Wiener Pensionistenwohnhäuser zusammen. Viele Stadtteile werden in Wien neu entwickelt.

Wird das Grätzl wieder an Bedeutung gewinnen?

Das ist unser Ziel. In den alten Ortskernen soll es mehr Handel, Gastronomie und Kultur geben. Alles Wichtige soll in 15 Minuten zur Fuß erreichbar sein.

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