Neue Panier für das Lokal Figlmüller

Das Schnitzel hat Kultstatus, ebenso das Lokal: Den Figlmüller gibt's seit über hundert Jahren. BWM Architekten haben das Lokal erweitert und aufgefrischt.

Man ist vielleicht selbst schon einmal angestanden: In der Touristenschlange vor dem Figlmüller. Sie ist ebenso legendär wie das Schnitzel, für das das Wirtshaus weltweit bekannt ist. Damit man künftig nicht mehr ganz so lange auf einen Sitzplatz warten muss, wurde der Standort in der Bäckerstraße um- und ausgebaut: Durch die Erweiterung um eine Hausnummer konnte die Fläche nahezu verdoppelt werden. Im Zuge dessen nutzte man die Chance für eine Überarbeitung des bestehenden Bereiches. 250 Gäste finden nun auf 450 Quadratmetern Platz. Beauftragt wurde das Wiener Büro BWM. Die Architekten haben sich bereits mit zahlreichen Hospitality-Projekten mit Wiener Tradition einen Namen gemacht: Zuletzt mit dem Umbau des Salon Sacher oder der Konditorei Oberlaa.

Wiener Charme

Severin Wurnig

Beim Figlmüller galt es, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zusammenzuführen. „Ziel war es, das seit mehr als 100 Jahren bewährte Konzept im Kern zu erhalten, es aber in einen modernen Rahmen einzubetten“, erklärt Erich Bernard von BWM. „Die unverwechselbare Atmosphäre mit Wiener Charakter sollte erhalten, die Erwartungen der Gäste erfüllt werden. Zugleich wollten wir etwas Neues und Zeitgemäßes entstehen lassen.“ Die Gebrüder Figlmüller und Geschäftsführer Harald Prochazka waren in das Projekt von Anfang an involviert. Bernard: „Die Zusammenarbeit mit den Auftraggebern war großartig. Wir konnten viel lernen und die Identität des Betriebs besser verstehen.“

Um eine Hausnummer erweitert

Severin Wurnig

Die Nummern 4 und 6 werden durch neu geschaffene Durchbrüche verbunden. Sie lenken den Blick und schaffen Sichtverbindungen. Abgeschrägte Seitenflächen lassen die Durchblicke in den angrenzenden Raum wie Bilder an der Wand wirken. Für fließende Übergänge wurden Bänke, Wand- und Deckenanschlüsse abgerundet und durch Verkleidung mit Fliesen im typischen Figlmüller-Grün hervorgehoben. Das bestehende Prinzip des Doppelstocks setzt sich fort: Auch im neuen Bereich wurde eine Galerie eingezogen. Bernard: „Es sollte keine Trennung zwischen Alt und Neu geben. Wir wollten die Teile so verbinden, als wären sie immer schon da gewesen.“ Mit der Raumgestaltung führen die Architekten die Geschichte in die Gegenwart: „Jedes alteingesessene Wirtshaus ist eine Art Patchwork – was wie ein Fehler, eine Abweichung wirkt, ist tatsächlich Teil der besonderen Atmosphäre. In diesem Sinne war es uns wichtig, das Patchwork zum Konzept zu machen“, sagt Bernard.

In Grün gehalten

Severin Wurnig

Der bestehende Tresen wurde zur Schank umgebaut und ebenfalls mit Fliesen in dunklem, glänzenden Grün gestaltet. Diese bekleiden auch Wände und Decken im Schankraum der neuen Lokalhälfte. Auf dem Boden setzt dunkelgrüner Triestiner Aurisina-Marmor sowie roter Adneter Marmor Akzente. Das Patchwork-Konzept spiegelt sich auch in der Verwendung verschiedener Hölzer wider. In den Räumen ist geölter Fischgrät-Parkett ausgelegt. Die neue Ausschank ist mit warmen Kirschholz verkleidet, die Tische sind mit einer Ahornplatte versehen. Bei der Bestuhlung wählte man gebrauchte, urige Wirtshausstühle, die gebeizt und lackiert wurden. Bernard: „Jeder Platz ist besonders und fühlt sich trotz der hohen Anzahl an Sitzplätzen geschützt und gemütlich an.“

Leuchten vom Lichtplaner Christian Ploderer

Renee del Missier

Die Lambris, jene für Wiener Wirtshäuser typische Wandvertäfelung, blieb erhalten. Ihre Profilierung wurde allerdings neu entworfen und sorgt nun für ein frisches Aussehen. Weiters wurden Spezialleuchten gemeinsam mit dem Lichtplaner Christian Ploderer entworfen. Das Gestell ist aus brüniertem Messing, die Stoffschirme mit gebeiztem Wiener Geflecht bespannt, wie man es von den berühmten Stühlen kennt. „Wir wollten zeigen, dass man das Alte nicht kopieren muss, um einen Raum mit Atmosphäre zu gestalten – um ein Ergebnis zu schaffen, das sich keiner Mode ausliefert, sondern zeitlos wird, indem es sich mit der Vergangenheit auseinandersetzt“, sagt Bernard. Besucher erwartet im Figlmüller also nicht nur eine Küche, die sich der Tradition verpflichtet fühlt. Sondern auch ein gemütliches Ambiente, das in der harmonischen Raumabfolge und der Authentizität der Materialien spürbar ist.

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